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Der nachfolgende Artikel ist in der Dezember 2022 Ausgabe von Aktuar Aktuell erschienen.
Hanna M. Hornberg, Direktorin Institutionelle Kunden – Corporates & Pension Plans
Christian Eck, Leiter Versicherungen – Aktien und nachhaltige Lösungen
BNP Paribas S.A. Niederlassung Deutschland
„Impact Investing“ ist auch ein Thema für Versicherer und Aktuare
Nachhaltigkeit mit all ihren Ausprägungen (Ökologie, Soziales, Unternehmenssteuerung) ist ein wesentlicher Wettbewerbsfaktor in den kommenden Jahrzehnten. Insbesondere für die Finanzbranche und damit auch für Versicherer stellen sich neue Herausforderungen. Maßnahmen, wie die seit dem 2. August 2022 vorgeschriebene Abfrage der Nachhaltigkeitspräferenzen der Kunden in der Anlageberatung oder die EU-Offenlegungsverordnung (eine Klassifizierung von Fonds nach ihren Nachhaltigkeitsmerkmalen), führen zu mehr Transparenz, verlangen aber auch von den Anbietern, sich in der Produktgestaltung sehr intensiv mit dem Thema zu beschäftigen.
Es ist noch nicht lange her, da wurde ein heißer Sommer mit angenehmen Temperaturen, Strand und Meer assoziiert. Lange vorbei, so scheint es heute: Heiße Sommer bedeuten Trockenheit, Waldbrände und, wenn es dann regnet, die Gefahr von Überschwemmungen. Der Klimawandel macht sich bemerkbar, schneller als erwartet und heftiger als befürchtet. Somit muss etwas geschehen: Eine Wende zum Besseren ist notwendig.
Solche Ziele mit klarer Intention, also einer klaren Absicht, positiven ökologischen und/oder sozialen Impact zu erzielen, verfolgt das Thema Impact Investing: „Impact“ bezeichnet eine Investition mit einer positiven Wirkung – in diesem Fall auf die Umwelt. Das Wort „Investing“ verdeutlicht, dass von einer Investition die Rede ist, nicht von einer Spende oder Stiftung. Investing bedeutet auch, dass ein wirtschaftlicher Nutzen erzielt werden soll.
Während das Investing den üblichen Rendite-Risiko-Regeln folgt, wird der Rahmen für den Impact durch die ESG-Kriterien (ESG steht für Environment, Social, Governance) gesetzt. Diese Kriterien bilden die weltweit akzeptierten Aspekte nachhaltigen, umweltbewussten Handelns ab. Die bereits 2015 als Standard etablierten langfristigen, nachhaltigen Ziele, die UN Sustainable Development Goals (kurz SDG), setzen den Rahmen und ermöglichen die Zuordnung der Investments zu den gesetzten Nachhaltigkeitszielen.
Bei der Umsetzung von Impact Investments ist es angesichts der Vielfalt der möglichen Ansätze (17 SDG und 169 Unterziele) wichtig, sich zunächst auf die konkret zu verfolgenden Ziele zu verständigen. Einen verbindlichen Standard für die Umsetzung gibt es noch nicht, doch es scheint wenig sinnvoll, abzuwarten, bis die perfekte Methodik und der perfekte Prozess zur Messung von Impact gefunden sind. Daher ist die Entwicklung eines solchen Ansatzes ein Lernprozess sowohl für Portfolio-Manager als auch für die Gremien der einzelnen Institutionen. Die Praxis hat gezeigt, dass die folgenden Schritte sich dabei als hilfreich und zielführend herausgestellt haben:
Im ersten Schritt wird festgelegt, welche konkreten Ziele aus den 17 SDG erreicht werden sollen. Da alle Ziele zugleich schwerlich erreicht werden können, ist es sinnvoll solche zu wählen, die sich idealerweise ergänzen oder gar verstärken können.
Der Fokus der Unternehmen kann dabei unterschiedlich gesetzt werden. Ziele wie „Gute Gesundheitsversorgung“ (SDG3), „Ausreichende und saubere Energie” (SDG7) und “Nachhaltige Städte und Gemeinden” (SDG11) stellen die nach Anlagevolumen derzeit bevorzugten Investmentziele dar.
Quelle: Bundesinitiative Impact Investing (Daten von Juni 2020)
Im zweiten Schritt wird festgelegt, auf welche Weise die Ziele erreicht werden sollen. An diesem Punkt werden die ausgewählten SDG um Renditeziele ergänzt. Impact Investing unterscheidet sich vom philanthropischen Handeln dadurch, dass in der Regel ein marktüblicher Ertrag aus der Investition angestrebt wird. Damit hat der Investor neben dem Ziel der Verbesserung der Nachhaltigkeitsaspekte auch die relevanten Rendite-Risiko-Komponenten im Blick (Finance First). Der gesamte Return des Impact Investing ergibt sich somit aus dem finanziellen Return und dem Impact Return. Bei sogenannten Impact First-Investoren steht der finanzielle Ertrag nicht an erster Stelle und der Investor ist bereit, auf einen Teil der finanziellen Rendite zu verzichten.
Im dritten Schritt ist eine verbindliche, nachvollziehbare Messung der Zielerreichung offenzulegen. Diese sollte möglichst objektiv, also auf der Grundlage von unabhängigen, akzeptierten Maßstäben, erstellt sein. Dies gilt gleichermaßen für Rendite, Risiko und Impact.
Hier entsteht auch für die Aktuare eine wichtige Aufgabe, nämlich die Entwicklung verbindlicher Methoden für die Messung und Berechnung von Nachhaltigkeits-/Impact-Investments, um die steigende Zahl der Investments vergleichbar zu machen und das Vertrauen der Investoren zu stärken. Da, wie bereits aufgezeigt, nicht alle Nachhaltigkeitsziele gleichzeitig verfolgt werden können, ist es umso wichtiger, die wirksamsten Ziele zu definieren und ihre Erreichung messen zu können.
Impact Investing konzentriert sich derzeit sehr stark auf den Beteiligungsmarkt. Direktinvestments in Unternehmen, die ESG-Ziele in ihrem Geschäftskonzept nicht nur berücksichtigen, sondern durch ihr unternehmerisches Handeln gezielt fördern wollen, sind typische Beispiele dafür. Zusätzlich bietet der liquide regulierte Kapitalmarkt Möglichkeiten, durch Investition in beispielsweise Aktien oder Bonds, entweder über ein klar abgegrenztes Anlage-Universum (ESG-Ratings) oder Projektfinanzierungen die Kapitalflüsse wirkungsorientiert zu steuern.
In der folgenden Grafik wird das Verhältnis von Fonds dargestellt, die laut EU-Offenlegungsverordnung/SFDR unter Artikel 8 (hellgrün) und Artikel 9 (dunkelgrün) fallen und ihre absolute Anzahl dargestellt. Artikel-8-Fonds, die in Wertpapiere von Emittenten investieren, die Nachhaltigkeitsmerkmale aufweisen, sind deutlich präsenter in der Produktlandschaft der Asset Manager als Artikel-9-Fonds, die eine direkte Nachhaltigkeitswirkung (Impact) erzielen. Mit den unterschiedlichen Klassifizierungen gehen auch unterschiedlich starke Pflichten zur Offenlegung einher.
Quelle: Artikel (https://esgclarity.com/wp-content/uploads/2021/04/Morningstar-SFDR-table.png) (Daten von März 2020)
Noch machen die Fonds, die einen Impact, also eine direkte nachhaltige Wirkung erzielen, lediglich einen kleinen Teil des Anlage-Universums aus. Aber ihre Zahl und ihr Volumen wachsen. Der vergangene heiße Sommer hat uns nachdrücklich daran erinnert, wie wichtig es ist, auf diesem Gebiet zu handeln!
Fazit: Zukünftig werden die Aktuarinnen und die Aktuare bei der Produktgestaltung eine immer prominentere Rolle einnehmen. Dies gilt sowohl im Vorfeld bei der Analyse der jeweiligen Kundenbedürfnisse und beim Abgleich der Rendite- und Risikoanforderungen als auch im Rahmen des regelmäßigen Reportings bei der nachhaltigkeitsbezogenen und Impact-Berichterstattung.